Monday, December 6, 2010

Blue Bonds und Red Bonds (os)

Dullien/Schwarzer 2010, aufbauend auf von Weizsäcker / Delpla, sehen in der Einführung einer Euro-Anleihe einen möglichen Weg um zukünftige Finanzkrisen oder besser Schuldenkrisen zu verhindern. Dabei sollte nach der Idee von Jean-Claude Junker eine Europäische Anleihe geschaffen werden mit deren Hilfe ein Staatsschuld von bis zu 60% des BIP finanziert werden soll. Länder könnten sich also bis zu einer Grenze von 60% des BIP mit Euro-Anleihen finanzieren, alles was darüber hinaus geht müssten sie "auf eigene Kappe" finanzieren. Diese Euro oder "Blue-Bonds" würden dann im Vergleich zu den national emittierten "Red-Bonds" eine deutlich höhere Markttiefe aufweisen, was die Refinanzierungskosten erheblich drücken sollte. So der Plan.


Die Vorteile so genannter Blue-Bonds beschreiben von Weizsäcker / Delpla u.a. mit

  • geringe Verzinsung des Blue-Bonds, welcher sogar unter dem gewichteten Durchschnitt der nationalen Anleihen liegen würde
  • sehr liquide Anleihe, ähnlich der US Amerikanischen Treasury Bill
  • der Ausfall einer Junior Tranche würde weniger hart wiegen aufgrund der zu Seite stehenden Senior Tranche

Die Idee einer europäischen Anleihe scheint aber wichtige Aspekte außer acht zulassen.


Revolvierende Geschäfte

Es stellt sich die Frage nach der Bemessungsgrundlage. Zunächst besteht die generelle Gefahr einer (bewusst) überschätzen Wirtschaftsleistung. Dies würde bei "guten Schätzungen" dazu führen, die mögliche Verschuldung in absoluten Werten zu erhöhen; wenn gleich dieser "einmal" Effekt eher gering ausfallen dürfte. Daran anschließend jedoch stellt sich die Frage nach der Dauer der Anleihe. Sollte sich die Wirtschaftsleistung eines Landes im Laufe eines Jahres verschlechtern, die Anleihedauer jedoch deutlich über einem Jahr liegen, so würde ein Land von einer früheren guten Lage profitieren, und das auch noch weit - eben über die Laufzeit eins solchen Bondes - hinaus.


Eine mögliche Lösung könnte jedoch ein Geschäft ähnlich dem der Europäischen Zentralbank sein. Demnach dürften Geschäfte zwischen dem betreffenden Land und einer allgemeinen Ausgabestelle des Euro-Bonds nur in einem revolvierenden Rahmen geschehen. Am Ende einer jeden Periode müsste die komplette Rückzahlung stehen, welche aber mit dem Versprechen einer Neuausgabe verknüpft ist; jedoch nur in den dann neuen Auflagen. Verschlechtert sich so die Wirtschaftsleistung eines Landes während des betrachteten Zeitraums, so ist es dem Land nicht möglich die gleiche Menge an Krediten über die Ausgabe von Blue-Bonds zu akquirieren. Den Differenzbetrag müsste sich das Land dann über den entsprechenden privaten Markt besorgen - dem Red-Bond Markt.


Refinanzierungskosten

Bei der Ausgabe von Blue-Bonds wird immer davon ausgegangen, dass diese in ihren Refinanzierungskosten unter denen nationaler Anleihen liegen. Dies ist natürlich möglich, muss aber keinen Falls zwingend sein. Die Senkung der Kosten kann schlussendlich nur über die Markttiefe des Bonds kommen. Sollte der Bond im Preis den gewichteten Durchschnitt aller Währungsunionländer sein, muss es annahmegemäß Länder geben, welche über und unter dem Durchschnitt liegen. Dies leitet über zu der wohl größten Gefahr.


Market of Lemmons

1970 beschrieb George A. Akerlof einen Prozess den er "Markets of Lemons" nannte, bekannt auch unter dem Namen "adverse Selektion". Diese Auslese der Schlechten wird sich auch im Falle des Euro-Bond ergeben. Sollte ein Land wie Deutschland mit der Ausgabe seiner eigenen Anleihen bessere Konditionen erzielen als der Euro-Bond, so wird es die angepeilten 60% des BIP gar nicht erst in Anspruch nehmen, sondern sich gleich über den "Red-Bond" Markt versorgen. Dies führt jedoch dazu, das der Euro-Bond Markt als Ganzes an Qualität verliert, was die Kosten der Refinanzierung eher noch weiter nach oben treiben dürfte. Evtl. sehen sich zu den dann neuen Konditionen auch andere Länder einer Situation gegenüber, in der es von Vorteil ist sich über die Ausgabe eigener Schuldtitel zu finanzieren mit der Folge einer weiter sinkenden Qualität des Euro-Bond. Am Ende würde nur noch die über bleiben, welche sich tatsächlich über den Euro-Bond besser finanzieren dürfen, wenn überhaupt. Damit wäre der Euro-Bond endgültig Ramsch.


Man müsste um dies zu verhindern Länder dazu zwingen bis an die 60% Marke sich mit Euro Bonds zu verschulden und nur die darüber hinaus laufende Verschuldung über eigene Emissionen zu decken. Sollte dies der Fall sein, könnte sich aber immer noch die perverse Situation ergeben, wonach eine Euro Anleihe höhere Kosten trägt als eine nationale Anleihe. Dann könnte es von Vorteil sein, sich über die 60% zu verschulden, um dann in den Genuss gierigerer Kosten zu gelangen.